• Gedenkveranstaltung zum 100. Jahrestag des Mordanschlages auf Walther Rathenau – ein Lehrstück demokratischer Diskussionskultur!
      • Gedenkveranstaltung zum 100. Jahrestag des Mordanschlages auf Walther Rathenau – ein Lehrstück demokratischer Diskussionskultur!

      • 28.06.2022 08:18
      • Am 24. Juni 2022 ereignete sich der Jahrestag des Mordanschlags auf Walther Rathenau zum hundertsten Mal. Auf Einladung der Bundeskoordination für UNESCO-Projektschulen nahm auch eine achtköpfige Delegation der Ernst-Reuter-Schule an der Gedenkveranstaltung der Walther-Rathenau-Stiftung teil. 
      • Am 24. Juni 1922 wurde der deutsche Außenminister Walther Rathenau von Rechtsterroristen bei einer Dienstfahrt im Grunewald in seinem Auto erschossen. Das Mordmotiv: Verachtung der ersten deutschen Demokratie und ihrer obersten Repräsentant:innen. Das Ziel der mörderischen Aktion: die Zerstörung der republikanischen Geschlossenheit, die Provokation von Aufständen und die Errichtung einer nationalistischen Militärdiktatur. Doch anders als von den Täter:innen erwartet, einte der Tod des beliebten Staatsmannes die noch junge Republik und nur knapp einen Monat später verabschiedete der Reichstag ein Gesetzt zum Schutz derselben. Die `wehrhafte Demokratie´ wurde geboren, deren Idee bis heute fester Bestandteil unseres Grundgesetzes ist.

        Am 24. Juni 2022 ereignete sich der Jahrestag des Mordanschlags auf Walther Rathenau zum hundertsten Mal. Auf Einladung der Bundeskoordination für UNESCO-Projektschulen nahm auch eine achtköpfige Delegation der Ernst-Reuter-Schule an der Gedenkveranstaltung der Walther-Rathenau-Stiftung teil.

         

        In Vorbereitung auf den Festakt widmeten sich am Vormittag Schüler:innen des 11. Jahrgangs im Profilkurs Geschichte der Person Walther Rathenaus und ihrem politischen Vermächtnis. In detektivischer Detailarbeit setzen sie sich mit einzelnen Aspekten von Rathenaus Biografie auseinander, lernten die Gründe seiner außenpolitischen Ambitionen für die noch international isolierte Weimarer Republik kennen und rekonstruierten den Tathergang rund um seinen Mord. Eine Frage stand dabei von Schüler:innenseite aus öfter im Raum: Wie kann es sein, dass ein demokratisch gewählter Staatsvertreter auf offener Straße erschossen wird?

        Diese Fragestellung bildete zugleich die historische Klammer, unter der die Gedenkveranstaltung im Lichthof des Deutsch Historischen Museum gegen 14 Uhr zu musikalischen Klängen von Ludwig van Beethoven eröffnet wurde. Nach einer Begrüßung durch den Präsidenten des DHM Prof. Dr. Raphael Gross und den Vorsitzenden der Walther-Rathenau-Stiftung Dr.-Ing E.h. Heinz Dürr, hörten die Schüler:innen des 11. Jahrgangs gespannt der Ansprache unseres Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zur Bedeutung des Rathenaumordes für das demokratische Selbstverständnis der Bundesrepublik zu. Im Anschluss ordnete Prof. Dr. Martin Sabrow den Tod Rathenaus in einen größeren Zusammenhang von rechtterroristischen Gewalttaten der jüngeren Vergangenheit historisch ein. Stichworte wie der NSU, die Anschläge in Hanau und Halle sowie der Mord an den Politiker Walter Lübcke verdeutlichten dabei auf sehr eindrückliche Weise die Aktualität rechter Gewalt und welche Gefahren von dieser für die Demokratie und ihrer darin lebenden Menschen ausgehen.  

        Den Höhepunkt des Festaktes bildete die Podiumsdiskussion zum Schwerpunk `antidemokratische Gewalt in Deutschland´. Unter den Sonnensegeln des stark aufgeheizten Lichthofes führten unter der Leitung Martin Sabrows die Soziologin Teresa Loloma Beck, der Politikwissenschaftler Gideon Botsch, die Sozialpsychologin Pia Lamberty und der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine spannende wie zugleich hitzige Debatte über Zivilcourage und die Übernahme von politischer Verantwortung für unsere freifreiheitliche Demokratie. Trotz inhaltlicher Meinungsverschiedenheiten waren sich die Diskutant:innen am Ende darin einig, dass die Demokratie nicht schutz- und machtlos ihren Feinden ausgesetzt ist. Um die Freiheiten der Demokratie genießen zu können, muss der Umgang mit diesen Freiheiten immer wieder von Neuem gelebt und gelernt werden. Die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie hängt somit auch von der Demokratieerziehung an unserer Schule ab!  

        Der Festakt endete gegen 16 Uhr wie er begonnen hatte mit musikalischen Klängen von Ludwig van Beethoven. Bei einem Stück Apfel- und Erdbeerkuchen werteten im lockeren Gespräch Schüler:innen und Lehrkräfte die zwei intensiven Stunden aus. Trotz oder gerade wegen der Vielzahl an neu gewonnenen Eindrücken und der Tatsache mit mehr Fragen das Zeughaus zu verlassen, als wir es betreten hatten, waren wir uns am Ende darin einig, ein Lehrstück demokratischer Diskussionskultur erlebt zu haben.

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